Wie geht´s weiter?
Die Fußballverbände haben für den Amateurbereich den Spielbetrieb auf unbestimmte Zeit ausgesetzt. Bis mindestens 19. April sind die Sportanlagen in Sachsen per Allgemeinverfügung gesperrt. Unser 1. Vorsitzender, Markus Schunack, äußert sich im Interview zur aktuellen Situation.
Der Ball ruht aktuell wegen der Corona-Epidemie. Ein schwerer Schlag für den FC Blau-Weiß?
Ja. Es ist eine nie dagewesene Situation und betrifft alle Klubs vom Amateur- bis in den Profibereich, den einen mehr, den anderen weniger. Als Verein, der einen relevanten Anteil des Budgets über Spenden und Sponsoring einnimmt, ist es natürlich sehr schlecht, da viele Unternehmen aktuell ums Überleben kämpfen. Da ist kein Geld mehr für andere Dinge wie Fußball übrig. Hinzu kommt die mentale Belastung für unsere Mitglieder und unsere ehrenamtlichen Trainer, die viel Zeit, Leidenschaft und Engagement in die aktuelle Saison investiert haben und jetzt machtlos zu Hause rumsitzen.
Wie sieht das aktuelle Vereinsleben aus?
Wir versuchen natürlich, über digitale Möglichkeiten den Verein am Laufen zu halten. Wichtige Sitzungen finden per Skype statt, viele Entscheidungen werden per E-Mail oder WhatsApp diskutiert und im Umlaufverfahren beschlossen. Unsere Trainer sind im stetigen Austausch mit ihren Spielern und den Eltern. Vor allem für die Juniorenspieler ist das eine sehr schwierige Situation, da der Kontakt zu Freunden und Teamkameraden fehlt. Die Jugend- und Seniorenspieler haben individuelle Vorgaben, um sich fit zu halten. Insgesamt ist es natürlich alles suboptimal, da ein Großteil der Kommunikation auf dem Platz stattfindet, schließlich sind u. a. fast alle Vorstände zeitgleich auch Trainer. Da wurde vieles über den "kurzen Dienstweg" auf dem Trainingsgelände geklärt.
Man hört immer, jetzt können die Plätze endlich mal richtig regenerieren…
Das ist wahrscheinlich die einzige positive Folge. Unsere Platzarbeiter sind weiter sehr fleißig und haben jetzt auch etwas mehr Spielraum für ihre Arbeit. Teile, die wir mit Rollrasen flicken wollten, werden jetzt beispielsweise neu angesät, da mehr Zeit vorhanden ist. Das spart, wenn es klappt, etwas Geld. Ich möchte die Möglichkeit an dieser Stelle auch nutzen, um unseren Platzmeistern ein großes Lob auszusprechen. Trotz unserer sehr bescheidenen Möglichkeiten sind unsere beiden Anlagen in einem tadellosen Zustand.
Sucht ihr Unterstützung bei der Pflege der Anlagen, gerade in dieser Zeit?
Jeder, der jetzt vielleicht etwas Zeit hat, um zu helfen, soll sich bitte an unseren Geschäftsführer Dirk Uhlemann (kontakt@bwleipzig.de) wenden. Es gibt immer was zu tun, eine individuelle Unterstützung ist möglich und auch von den Behörden nicht verboten, da ehrenamtliche und hauptamtliche Arbeit die gleiche Bewertung haben. Alles, was wir selbst machen können, spart natürlich Geld. Und wenn es wieder losgeht, haben wir schöne und gepflegte Anlagen.
Was sind die unmittelbaren wirtschaftlichen Folgen für den FC Blau-Weiß?
Es gibt deutliche Ausfälle beim Sponsoring, bei Spenden, bei Pacht und Vermietung sowie bei der Mitgliederentwicklung. Jetzt ist gerade die Zeit, in der pro Jahr im Schnitt im Kinderbereich 30-50 neue Mitglieder in den Verein kommen. Das ist aktuell nicht möglich. Vieles, was wir in den letzten Jahren auf der Einnahmeseite erarbeitet haben, bricht jetzt zum Teil weg. Das müssen wir durch Einsparungen kompensieren, wollen wir nicht in eine finanzielle Schieflage geraten oder die Mitgliedsbeiträge erhöhen.
Ausgerechnet in diesem Jahr stehen große Investitionen in die Infrastruktur an…
Mitte Juni geht der Ausbau des kleinen Kunstrasens im Stadion der Freundschaft los, in der Kurt-Kresse-Kampfbahn wollen wir Feld 3 teilsanieren, wenn hier noch die notwendigen Fördermittel bestätigt werden. Hinzu kommen allerhand kleinere und unvorhersehbare Dinge, die auf unseren verschlissenen Anlagen gern auftreten. Zudem benötigen wir einen neuen Vereinsbus und hoffen, dass die Absprache mit einem Sponsor hier trotz der aktuellen Situation hält.
Bei der aktuellen Entwicklung ist der Fußball da nicht nebensächlich?
Die Gesundheit steht immer im Vordergrund, das muss man einem Sportler nicht erklären. Zudem sind die Sportvereine ein wichtiger Stabilisator und Multiplikator in der aktuellen Situation. Wir haben natürlich als Angestellte und Unternehmer die gleichen Probleme wie alle anderen, sei es Kurzarbeit, Entlassung oder die wirtschaftliche Existenz. Unsere Mitglieder sind sehr solidarisch. Es gab noch keine Anfrage zwecks der Rückerstattung von Beiträgen oder Austrittsgesuche. Viele machen sich große Sorgen um den Verein und darum, wie es weitergeht.
Wie geht es denn weiter?
Es geht weiter. Wir müssen aber alle enger zusammenrücken und auch auf das ein oder andere Liebgewonnene verzichten. Der FC Blau-Weiß steht auf einem stabilen Fundament. Es wird aber nicht spurlos an uns vorbeigehen. Zunächst hoffen wir aber auf eine Wiederaufnahme des Trainings- und Spielbetriebes. Darauf bereiten wir uns vor. Dann sehen wir, was die Entwicklung so bringt.
Und wenn die Saison abgebrochen wird?
Davon müssen wir leider ausgehen. In diesem Fall setzen wir uns für eine Teilwertung der aktuellen Saison ein. Es darf nicht sein, dass herausragende Leistungen bestraft, während schlechte Leistungen faktisch bevorteilt werden. Das wäre bei einer Annullierung der Saison der Fall. Unsere U17 führt souverän die Tabelle in der Stadtliga an, unsere U19 steht ebenfalls kurz vor einem Aufstiegsplatz in die Landesklasse, die U23 ist Spitzenreiter in der Stadtklasse… Dann sollen sich bitte die Entscheidungsträger bei einer Annullierung vor unsere Spieler stellen und denen das ins Gesicht sagen, dass alles für die Tonne war.
Die 1. Herren spielt als fünfthöchstklassisches Leipziger Team in der Sachsenliga. Wie sieht dort die Zukunft aus?
Wir sind aktuell auf einem Nichtabstiegsplatz, was man mit Blick auf unseren Etat nicht gedacht hätte. Da gibt es bei manch Stadtligisten mehr zu holen. Was unsere Jungs mit dem Trainergespann bisher geleistet haben, ist einfach nur bewundernswert. Leider finden unsere Spiele unter weitestgehendem Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Die jetzige Situation sprengt natürlich unseren Vereinsetat. Wir müssen uns, wenn wieder möglich, zusammensetzen und bereden, wie es sinnvoll weitergehen kann. Die Sicherung der Basis hat oberste Priorität und wird viel Kraft kosten.
Wie sieht die Unterstützung der Verbände in der aktuellen Situation aus?
Sowohl der FVSL als auch der SFV scheinen sich offenbar eher mit sich selbst zu beschäftigen. Wir rechnen nicht mit einer Unterstützung, die über blumige Worte hinausgeht.
Und von Verwaltung oder Politik?
Da rechnen wir auch mit keiner nennenswerten Unterstützung. Als Erfolg wird ja jetzt schon verkauft, dass man die zugesagten Fördermittel nicht kürzen möchte. Das sagt eigentlich alles. Es gab aber ein nettes Schreiben von der Stadtverwaltung, dass wir nicht vergessen sollen, unsere Anlagen, trotz der Sperrung, weiter zu pflegen und auch regelmäßig die Wasserhähne aufdrehen sollen, damit es nicht zur Legionellen-Bildung kommt. Das machen wir natürlich vorschriftsmäßig.